07.10.2020


Projektkurs Rhetorik


setzt sich mit der Sprache der "Neuen Rechten" auseinander

 

Am Mittwoch, den 07.10.2020, traf sich der Rhetorikprojektkurs der Q1 von Frau Strotkoetter in der Volkshochschule Neuss zum Vortrag „Sprache der Neuen Rechten“. Gehalten wurde dieser Vortrag von Dr. Enno Stahl, der letztes Jahr ein Buch mit selbigem Titel veröffentlicht hat.

 

Sein Vortrag bestand zunächst aus einem angepassten Ausschnitt aus diesem Buch. Er unterbrach sich jedoch selbst mehrmals, um den literaturwissenschaftlichen Text und die darin enthaltenen Fachbegriffe zu erklären, oder den Kontext zu erläutern. Er begann dabei aufzuführen, dass heutzutage diskriminierende Witze viel leichter fallen würden und auch kaum jemand daran Anstoß nähme im Vergleich zu früher und nannte auch ein persönliches Beispiel, wie oft solche Witze in WhatsApp Gruppen geschickt würden. Dabei vertrat er den Standpunkt, dass so etwas vor einigen Jahren noch undenkbar gewesen sei, heute jedoch nicht mehr so ernst genommen werden würde. Er behauptete: „Die Grenzen dessen was sagbar ist sind ausgeweitet worden“.

 

In seinem weiteren Vortrag fuhr er fort zu erläutern, wie die politische Rechte sich das nutzbar mache, und zählte einige Beispiele auf. Dies bezeichnete er als „kommunikative Gegenwehr“ gegen die Linke, da auch sie momentan großen Einfluss auf die Sprache ausübe. Er erläuterte weiterhin die Macht der Sprache, wie sie - zum Beispiel von Politikern - genutzt wird, um die Bevölkerung zu manipulieren, da durch die Wortwahl ihre Einstellung zu einem Thema klar wird, die Einstellung des Publikums zu diesem Thema jedoch auch stark beeinflusst wird. Nun wurde das Thema auf die Rechten generell ausgeweitet, er berichtete wie sie nicht die Macht im Großen ergreifen, sondern durch ihre Themen immer mehr kleine Gruppen an Leuten von sich überzeugen, die normalerweise nicht mit ihren restlichen Themen übereinstimmen. Diese Ideen verbreiteten sie dabei häufig über das Internet, eine billige Methode, die eine große Masse erreicht. Dabei ging er nun auf mehrere Beispiele wie die gleichgeschlechtliche Ehe, Arbeitslose oder Migration ein.

 

Anschließend waren die Grundlagen der Rechten wieder mehr Thema, wie sie öffentliche Quellen und Statistiken als „falsch“ abtäten und ihre eigenen haben, denen sie Glauben schenkten. Weiterhin beziehen sie sich - laut Dr. Stahl - beim Verbreiten ihres Ideenguts oft auf ein Ereignis, das das Ärgernis breiter Massen erregt hat und spitzen dieses in Nacherzählungen immer weiter zu. Dabei provozieren sie und greifen Kritikpunkte der breiten Masse auf. So sei bei ihnen zum Beispiel oft von einer „verantwortungslosen Führung“ der letzten Jahre die Rede. Er bezeichnet dies als eine „Militarisierung“, beziehungsweise Bewaffnung, der Sprache, die bei den Rechten immer häufiger erkennbar sei.

 

Im Anschluss an seinen Vortrag, der mit seiner Aussage „Wer die Begriffe definiert, bestimmt das Denken und Tun“ zusammengefasst werden kann, gingen wir in eine offene Fragerunde über, wobei es später zu einer Meinungsverschiedenheit zwischen Dozent und Publikum kam.

 

Diese Gelegenheit ergriffen viele SchülerInnen und es kam zu Fragen, die zwar an das Thema seines Vortrages angeschlossen waren, gleichzeitig aber auch darüber hinaus gingen. Die Diskussion verlagerte sich von der "Sprache der Rechten" über "die Rechte generell" hin zur "Macht der Sprache". Dabei sprach er zunächst über eine Wiederverwendung von stark nationalsozialistischen Begriffen mit anderer Bedeutung heutzutage.

 

Im Anschluss an dieses Thema wurde die Diskussion konkreter und AfD-bezogener. Es ging um das Thema, wie es dazu kam, dass diese Partei in den letzten Jahren so viele Stimmen bekamen und wie sie damit umgeht. In diesem Zusammenhang kam er erneut auf die Rede von der "Lügenpresse" zurück, wobei er den Glauben an sie kritisierte und der Meinung war, dass ein Großteil der Leute ihre feste Meinung habe, sich darin nicht beirren lasse und deshalb nur das lese, was die eigene Meinung widerspiegele. Dabei glaubt er, dass es heutzutage oft nur noch schwarz und weiß, links und recht gäbe und alles dazwischen, also grau fehle.

 

An diesem Punkt schwang die Fragerunde zu einer Diskussionsrunde über die Wichtigkeit und Veränderlichkeit von Sprache um. Dabei vertrat er die Ansicht, dass Sprache oft überschätzt würde und es mehr aufs Handeln ankäme. Das Publikum widersprach ihm, - wenn auch nicht völlig, so jedoch in sofern - dass es die Wichtigkeit von Sprache für weitaus wichtiger halte und meinte, dass man Sprache mit dem Handeln mit verändern müsse, während er meinte Sprache würde sich automatisch verändern und ließe sich nicht gezielt beeinflussen.

 

Annerose Moosbauer, Q1